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Ein Tag für alle: Projekttag DIVERSITY 02/24

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Ein Tag für alle: Projekttag DIVERSITY 02/24

Liebe Kolleg:innen,

Mitte 2023 wurde ich von einem Orga-Team der Mittelschule Waldsassen angefragt, ob ich nicht am Projekttag DIVERSITY als Autor, Blogger und Lehrer teilnehmen möchte. Ich war sofort begeistert und habe geholfen, wo es möglich war: zu Beginn gab es ganz viel Input meinerseits, wie man die Themen Queerness und Diversity in den unterschiedlichen Jahrgangsstufen besprechen kann, ich habe Buchvorschläge gemacht und so gemeinsam mit dem Orga-Team am Tag gearbeitet. Die schlussendliche Passung an die Schüler:innen wurde dann von den Lehrkräften der Mittelschule vorgenommen und am 07. Februar 2024 war es dann so weit: Der Projekttag fand endlich statt. Ich möchte gerne Einblicke geben, denn ich glaube, dass vielen Schulen ein Projekttag zu diesem Thema gut tun würde – und gleichzeitig vorstellen, welche Figur ich dort einnehmen kann … wenn gewollt 🙂

Lesungen aus Diversity-Literatur – egal in welcher Jahrgangsstufe

Zu Beginn des Projekttags und nach Begrüßung, habe ich in den ersten drei Unterrichtsstunden je knapp 60 Schüler:innen begrüßt und ihnen aus Geschichten aus der diversen Literatur vorgelesen. So kamen die 5. und 6. Klassen in den Genuss von „Fred und ich“ von Lena Hach, erschienen im Gulliver Verlag. Vor, während und nach dem Lesen ging es viel um außergewöhnliche Hobbies, trans* Identitäten, Freundschaft und Schule. Die Kinder waren ganz aufgeregt, hatten viele Fragen im Gepäck (die die Lehrkräfte vorher gesammelt hatten) und sichtlich Spaß daran, mit einem Menschen zu sprechen, der selbst queer ist und endlich mal die Fragen zu stellen, die einen wirklich interessieren (Sind Sie mit einem Mann verheiratet? Wollen Sie Kinder? Wie geht das dann? Wann wussten Sie, dass Sie schwul sind?, usw.). Insgesamt war es erfrischend, wirklich respektvoll und man merkte sofort, dass das ein Thema ist, das die Schüler:innen bewegt.

Die 7. bis 9. Klasse begab sich mit „Loveless“ von Alice Oesmann in das „Heartstopper“-Universum, das viele bereits aus der erfolgreichen Netflixserie kannten. Während der Lesung ging es um die Frage, ob es die eine wahre Liebe überhaupt gibt, warum alle irgendwie heiraten und Kinder haben wollen und, wie das Partyleben in ihrer Region so ist . Der Humor der Geschichte hat genau auf die Zielgruppe gepasst und führte zu viel Lachen und eigenen Geschichten.

Die 10. Klassen waren dann die eigentliche Herausforderung: Eigentlich zu cool für Geschichten, aber ja doch irgendwie interessiert. Und eigentlich ist das Thema einem peinlich, aber irgendwie will man auch was wissen. Da war meine Kurzgeschichte „Let’s Go Home Together“ aus der Anthologie „Lieb doch, wie du willst“ genau das Richtige: Hier geht es um junge Erwachsene, die sich in einer Partynacht kennenlernen und spüren, dass das zwischen ihnen mehr ist als eine flüchtige Bekanntschaft. Auch wenn hier das direkte Feedback auf sich hat warten lassen, waren die Jugendlichen trotzdem schlussendlich interessiert und haben über ihre Partyszene gequatscht, waren sichtlich betroffen, als es um queere Gewalt in der Gesellschaft ging und hatten auch ernste Fragen dabei: Wie lässt sich Religion und Queerness vereinen? Wie haben die Eltern auf das Outing reagiert? Welche Art von Diskriminierung findet heute noch statt? Fragen, die nicht leicht zu beantworten sind, die ich aber versucht habe, aus meiner Perspektive zu beantworten.

Diversity
Lesung aus „Loveless“ von Alice Oseman für die 7. bis 9. Klassen

Arbeit in den Klassen – inklusive Q&A mit mir

Doch damit war der Tag noch lange nicht vorbei: Die einzelnen Jahrgangsstufen haben im Anschluss noch individuell an Themen gearbeitet. So ging es in den 5. und 6. Klassen um Rollenklischees von Mädchen und Jungen, um Spielzeug oder aber um Unterschiedlichkeiten und Gemeinsamkeiten von Menschen (und das genau die uns so bunt und vielseitig machen!). Die 7. bis 9. Klassen arbeiteten sehr verschieden: In einer Klasse ging es um Gay Icons (Princess Diana, Lady GaGa, Harry Styles, Taylor Swift, Freddie Mercury,…), in der anderen um Homosexualität und Fußball, wieder eine andere Klasse beschäftige sich mit der Abkürzung LGBTQIA+ und den Flaggen dazu. In der 10. Klasse ging es dann schon um queere Gewalt, queere Geschichte, trans* Identitäten und Non-Binarität. Schwere Themen, die aber auch immer wieder zu Diskussionen geführt haben. Zwischendurch kam ich dann dazu, konnte Fragen beantworten und über die Arbeit als auch über meine Geschichte sprechen.

Und ja, natürlich gab es Schüler:innen, die sofort Feuer und Flamme für das Thema waren als auch Schüler:innen, die skeptisch waren. ABER (und das war mit die wichtigste Erkenntnis): Wir alle verdienen es, respektiert zu werden, so sein zu dürfen, wie wir sind, auch wenn man Dinge nicht nachvollziehen oder verstehen kann oder wenn Kulturen oder Religionen manchmal andere Dinge behaupten. Für viele war der Tag ein Höhepunkt, für andere einer, der sich nachhaltig zum Nachdenken gebracht hat. Was gibt es Schöneres, als als Schule genau das anzustoßen?

Diversity
Arbeit der höheren Jahrgangsstufen: Die Genderbread-Person

In den Pausen Social Media-Star & Person zum Anfassen

Ich selbst sehe mich natürlich nicht als Star, aber für die Kinder und Jugendlichen war ich das absolut: Da ist einer, der ist auf Instagram, der hat – im Vergleich zu uns – super viele Follower:innen und den kann ich jetzt alles fragen, was ich will. Diesen Effekt konnte ich total gut beobachten und hatte dadurch wahnsinnig schöne Begegnungen mit Schüler:innen, die ganz offen auf mich zu kamen, Bilder machen wollten, sich ein Autogramm abgeholt haben oder aber einfach Fragen zu Social Media, zum Schreiben oder zu mir als Person hatten. Das habe ich total gerne gemacht – und zwar ohne abzuheben 😀 und auch ganz ehrlich, denn für mich ist es immer total wichtig, dass Jugendliche alle Seiten von Social Media kennen.

Auch für mich ein First: Eine Infotafel über meine Person

Nach der Ergebnissicherung: Abschluss des Projekts & Fortbildung für Lehrkräfte

Um 12:30 Uhr war es dann soweit: Alle Klassen präsentierten auf Stellwänden ihre Arbeit in der Klasse, die sich dann alle anderen anschauen konnten. Was haben die 5. und 6. Klassen gemacht? Was lief eigentlich bei der 7. Klasse? Können die uns jetzt die Buchstaben von LGBTQIA+ erklären? Warum ging’s in der 9. Jahrgangsstufe eigentlich um Fußball? Und was haben Rollenklischees mit Queerness und Diversity zu tun? All diese Fragen (und noch viele mehr) konnten durch die Arbeit der Schüler:innen angestoßen und abgedeckt und für die Öffentlichkeit in der Aula präsentiert werden, wo sie alle sehen können. Ein großartiger Abschluss und ein sehr visuelles Statement, das zeigt, wie ein Projekttag zu diesen Themen aussehen kann.

Ergebnisboard der 7./8. Klasse

Am Nachmittag ging es dann aber noch für die Lehrkräfte weiter: Diese konnten ihre Eindrücke reflektieren, über Probleme oder Highlights sprechen und auch mir Fragen stellen, deren Beantwortung für sie nicht ganz so einfach ist: Wie gehe ich mit abwertenden Aussagen um? Wie damit, dass Schüler:innen (und Familien) sich eventuell vor der Thematik verschließen? Kann ich überhaupt alle Schüler:innen erreiche? Warum sollten sich überhaupt ALLE mit diesen Themen beschäftigen? Wie sieht eine Beschäftigung mit Queerness und Diversity im Schulalltag aus? Um all das (und noch viel mehr!) ging es in unseren Gesprächen und es entstanden tolle Gespräche, in denen man sich gegenseitig helfen und unterstützen konnte. Als Abschluss habe ich dann noch diverse Literatur vorgestellt, die Kolleg:innen konnten in Bücher reinlesen und ich habe erklärt, wie eine Thematisierung im (Deutsch-)Unterricht stattfinden kann.

Fortbildung zu „Diverser Literatur“

Ist es wirklich so einfach?

Kurze Antwort: ja! Ich weiß, dass viele Kolleg:innen unsicher sind, wenn es um die Erarbeitung dieser Themen geht. Allerdings hat der Tag eins gezeigt: Sobald Jugendliche auf queere Menschen treffen, sobald sie sich mit den Themen beschäftigen und sobald sie einen Raum kriegen, in dem sie alle Fragen stellen dürfen, die sie interessieren, nutzen sie die Möglichkeit und lernen viel mehr als reinen Stoff – sie lernen, dass es okay ist, so zu sein, wie man ist. Dass es okay ist, dass man anders ist. Und dass es okay ist, unterschiedlich zu sein. Nicht nur das: man profitiert sogar von so viel Diversität!

Alles in allem kann ich also meine Kolleg:innen überall nur ermutigen: Traut euch einen solchen Projekttag durchzuführen – angepasst an die Schüler:innen, die Schule und dem Umfeld. Es geht und es lohnt sich – und sollten alle Stricke reißen, meinen Kontakt findet ihr im Banner oben oder aber über das Kontaktformular unten!

VLOG
Queerer Büchertisch

 

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